Durch den Wind
Durch den Wind sei sie, sagt sie. Durch den Wind sei sie überhaupt nicht  mehr hinausgekommen, gar nicht mehr, keinen Schritt vor die Tür. Daheim  sei sie und brauche nicht mal hinausschauen, wie der Wind die Wolken  vor die Sonne und wieder weg schiebt. Das Licht aus und anknipst. Das  sehe sie auch so, ohne hinauszuschauen. Und es sei auch so schlimm  genug. Sie fürchtet den Wind. Er weht ihr durch die Gedanken, er wirbelt  ihr alle Aufzeichnungen durcheinander und alle Erinnerungen. Wenn sie  schon alles gelocht hätte und abgelegt. Abgeordnet. Aber es liegt ja  alles lose herum. Wenn so ein Windstoß auf einen Papierstoß trifft, dann  ist es zu spät.     
 Durch den Wind sei sie, sagt sie. Durch den Wind sei sie an die Wohnung  gebunden. Und er wehe beständig. Wehe, sagt sie. Und dass sie gegen den  Wind sei und der Wind gegen sie. Und immer sei diese Stadt voller Wind,  jede einzelne Gasse. Ganz egal um welche Ecke sie biege, immer käme er  ihr entgegen. Und sie wisse nicht, warum die Stadt so einen Wind mache.  Sie aber wolle das hinter sich lassen. Wind und Wetter.
 Und dann geht sie doch hinaus und wendet sich dem Wetter zu und stellt  sich dem Wind.
 Und da steht sie noch und dreht ihm den Rücken zu. Dem Wind. Soll er  doch von hinten kommen, sagt sie. Sie sei gefasst. Sie wird sich jetzt  treiben lassen. Sie lässt sich jetzt durch die Gassen schieben, an den  Rinnsteinen entlang, über die Kreuzungen. Sie lässt sich unter den Autos  hindurchpusten und hält an Laternen fest. Und dann lässt sie sich  wieder los und wird durch den Maschendraht gepresst. Sie wird über  Plätze, Brücken und Dächer wirbeln und erst liegen bleiben, wenn er  nachlässig wird, der Wind. Wenn er einschläft, dann wird sie sich  fortschleichen, ihm davonlaufen, wie der Wind wird sie sich aus dem  Staub machen. Sagt sie und steht noch immer da draußen, den Wind im  Rücken. Und wenn er dreht, dreht sie sich auch und lächelt. Und dreht  sich mit dem Wind.